Seil und Knoten

 


 

Du weißt nicht, was das Leben ist -

vielleicht ein Seil, das schwingt.

Du fragst, wer es zum Schwingen bringt.

Das weiß vielleicht nur einer.


 

Das Seil ist lang, wir können nicht

Beginn und Ende seh'n.

Das macht uns Angst, wir fürchten ja

das, was wir nicht versteh'n.


 

Wir knüpfen Knoten in das Seil,

die es in Stücke trennen -

in schöner Ordnung aufgereiht.

Die können wir benennen.


 

Doch ändern wir durch Knoten nicht

beim Seil sein wahres Sein.

Die Knoten sind ja nur für uns.

Wir ändern nur den Schein.

 

 

Die Knoten, die zerschneiden nicht,

zerhacken nicht das Seil,

Selbst wenn wir 1000 Knoten knüpften,

das Seil blieb ganz und heil.


 

Das Seil, es reißt durch Knoten nicht,

schwingt auch mit ihnen weiter -

als Eines, Ganzes, nicht getrennt,

mit sich im Einklang, heiter.

 

 

 

Kommentar:

 

Nun, das ist natürlich nur die eine Seite der Münze:

Wir selbst erfinden für uns eine Ordnung,

die die Welt gar nicht hat -

nicht vor uns, nicht ohne uns.

Wir sehen Ordnung in die Welt hinein.

 

Die andere Seite ist:

Wir finden die Ordnung, die die Welt

an sich und für sich hat -

schon vor uns, auch ohne uns.

Wir sehen Ordnung aus der Welt heraus.

 

Sieh beide Seiten -

mal die eine, mal die andere!

Dreh' die Münze um,

immer wieder um!

Publiziert am: Sonntag, 28. April 2024 (103 mal gelesen)
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