Lesen im Buch des Angenehmen
“ Stellt euch vor, ihr steht vor einem Bücherregal. Auf diesem Regal stehen jedoch nur zwei Bücher. Das erste ist das Buch des Unangenehmen. In diesem Buch steht alles drin, was ihr in eurem Leben bis jetzt als unangenehm bewertet habt. In diesem Buch stehen auch alle Maßnahmen, die ihr anwenden könnt, um das Unangenehme zu vermeiden.
Das zweite Buch ist das große Buch des Angenehmen. In diesem Buch sind alle angenehmen Erfahrungen und Verhaltensweisen abgedruckt.
Diese beiden Bücher stehen symbolisch für die beiden Antriebsimpulse, nach denen ihr Menschen lebt. Ihr wollt das Unangenehme vermeiden und das Angenehme erreichen. Für beides habt ihr im Laufe eures Lebens eine Menge Maßnahmen angesammelt. Jetzt nehmt bitte einmal das Buch des Unangenehmen in die Hand und schlagt es auf! Welche Gefühle bekommt ihr?“
“Unangenehme“, meinte Rachel.
“Ihr erkennt also, dass ihr sofort unangenehme Gefühle bekommt, wenn ihr das Buch des Unangenehmen aufschlagt. Dann nehmt jetzt bitte das große Buch des Angenehmen und schlagt es auf.“
“Das ist sehr schön! Daran könnte ich mich gewöhnen.“
“Genau das sollst du auch tun, Rachel. Doch zunächst noch einmal zu eurem Verständnis zurück. Wenn ihr das Buch des Unangenehmen aufschlagt, spürt ihr auch unangenehme Gefühle. Wenn ihr das Buch des Angenehmen aufschlagt, spürt ihr das Angenehme. Warum also schlagt ihr überhaupt das Buch des Unangenehmen auf? Wäre es nicht sinnvoller, nur das Buch des Angenehmen zu lesen?“
“Das hört sich logisch an.“
“Und doch handelt ihr nicht danach. Ihr glaubt, das Buch des Unangenehmen in bestimmten Situationen nehmen zu müssen. Wenn ihr beispielsweise das Unangenehme vermeiden wollt, dann müsstet ihr euch mit dem Unangenehmen auseinandersetzen, meint ihr. Ihr müsstet nach Maßnahmen suchen, mit denen ihr das Unangenehme vermeiden könntet. Dadurch beschäftigt ihr euch mit dem Buch des Unangenehmen. Infolgedessen fühlt ihr dann die unangenehmen Gefühle und erlebt auch eine solche Realität. Ihr glaubt das Unangenehme zu vermeiden, ruft es aber genau dadurch erst hervor. Es ist also völliger Irrsinn, eure Wahrnehmung auf etwas zu richten, was ihr vermeiden wollt. Wenn ihr eure Wahrnehmung darauf richtet, werdet ihr das, was ihr vermeiden wollt, überhaupt erst erschaffen.“
“Aber wie können wir denn das Unangenehme wirklich vermeiden?“
“Nur indem ihr das Angenehme erschafft. Ihr könnt nicht etwas nicht wahrnehmen. Für euch gibt es nur das Wahrnehmen. Also sollte sich eure Wahrnehmung auf das richten, was ihr tatsächlich wollt.“
“Auf unsere euphorische, lustvolle Liebe.“
So ist es. Aber leider ist euer Unbewusstes in diesem Punkt auch etwas anders programmiert. Ihr wisst unbewusst nicht, dass ihr das Angenehme einfach unmittelbar wahrnehmen und damit die Ereignisse in eurem Leben erschaffen könnt. Ihr glaubt, das Angenehme durch entsprechende Maßnahmen erreichen zu müssen. Ihr wollt zum Beispiel reich werden, um euch frei zu fühlen.
Frei fühlen wollt ihr euch allerdings nur, um Spaß haben zu können. Spaß haben wollt ihr, weil ihr dann lustvoll liebt. Ihr richtet also eure Wahrnehmung nicht direkt auf die euphorische, lustvolle Liebe, sondern auf die nächste Maßnahme, mit der ihr eure Liebe erreichen könnt. In diesem Beispiel auf das Reichwerden. Dabei kann es sehr gut sein, dass ihr etwas Unangenehmes tun müsst, um an Geld heranzukommen. Eure Wahrnehmung richtet sich also möglicherweise auch beim Erreichenwollen des Angenehmen auf das Unangenehme. Damit erschafft ihr logischerweise nicht das Angenehme, sondern genau das Gegenteil.
Ihr seht also, es hat keinen Sinn, das Unangenehme vermeiden zu wollen oder das Angenehme erreichen zu wollen. Das Einzige, was Sinn macht, ist die direkte Wahrnehmung des Angenehmen. Nur dadurch könnt ihr es tatsächlich in euer Leben ziehen. Ich denke, dass ihr dies für eure Gefühle sehr leicht nachvollziehen könnt?“
“Ich glaube schon. Als wir das Buch des Unangenehmen aufgeschlagen hatten, kamen auch die entsprechenden Gefühle. Beim Buch des Angenehmen lief es genauso.“
“Ist euch bewusst, dass dies ein grundlegendes Naturgesetz in eurer Welt ist? Ihr erlebt, auf was sich eure Wahrnehmung richtet. Dies gilt sowohl für die Gefühle als auch für die Ereignisse. Vielleicht habt ihr schon einmal folgende Situation erlebt. Ihr fuhrt mit dem Fahrrad auf einem Radweg. In der Mitte des Weges lag ein großer Stein. Ihr wolltet unbedingt vermeiden, über diesen Stein zu fahren. Ihr richtetet eure Wahrnehmung intensiv auf den Stein, um ihm auf jeden Fall auszuweichen. Doch dann fuhrt ihr genau drüber. Kennt ihr das?“
“Ja, genau das habe ich schon einmal erlebt. Beim Skifahren war das ähnlich. Als ich begann mit dem Skifahren, war ich auf einem Übungshang. Auf diesem Hang stand ein einziger Baum. Die Piste war sehr breit. Glaubt ihr, ich hätte es geschafft, an diesem Baum vorbeizukommen? Es war wie verhext. Ich traf ihn immer wieder. Ich bin sicher, wenn ich ihn hätte treffen wollen, wäre es mir nicht ein einziges Mal gelungen.“
“Das ist ein sehr gutes Beispiel, wie eure Wahrnehmung euer Verhalten beeinflusst. Und so, wie die Wahrnehmung eure Gefühle und eurer Verhalten lenkt, so beeinflusst sie auch die Ereignisse in eurem Leben. Es gibt also keinen Grund, das Buch des Unangenehmen überhaupt noch einmal aufzuschlagen. Aber viele Gründe, es nicht mehr in die Hand zu nehmen.“
“Was tun wir aber mit unserem Restzweifel? Ich spüre, dass ich immer noch mit dem Zweifel zu kämpfen habe, dass ich vielleicht doch keinen Einfluss auf die Ereignisse in meiner Realität habe. Die Angst ist durch deine Erklärungen nicht verschwunden. Ich habe Angst, dass etwas Schlimmes passieren könnte, wenn ich alles nur durch die rosarote Brille betrachten würde.“
“Prinzipiell solltet ihr auf Nummer Sicher gehen. Tun wir einmal so, als hätte eure Wahrnehmung keinen Einfluss auf die Realität. Es geschieht jetzt irgendetwas. Das Erste, was ihr tut, ist, das Ereignis einzuordnen. Entweder kommt es in das Buch des Unangenehmen oder in das Buch des Angenehmen. Schauen wir uns das, was danach geschieht, einmal genauer an. Wenn ihr das Buch des Unangenehmen aufgeschlagen habt, dann fühlt ihr auch die unangenehmen Gefühle. Nehmen wir uns einmal ein praktisches Beispiel. Stellt euch vor, dass ihr zu einem Vorstellungsgespräch für einen neuen Job eingeladen wäret. Wenn ihr dieses Ereignis in das Buch des Unangenehmen eingeordnet habt, werdet ihr das Vorstellungsgespräch als etwas Unangenehmes betrachten. Ihr werdet euch bei diesem Gespräch nicht sehr gut fühlen. Glaubt ihr, dass durch diese schlechten Gefühle eure Chancen, den Job zu bekommen steigen?“
“Sicherlich nicht.“
“Wenn ihr dieses Ereignis in das Buch des Angenehmen eingeordnet hättet, würdet ihr euch bei diesem Gespräch sehr gut fühlen. Was glaubt ihr, hätte das für Folgen?“
“Wir würden diesen Job wahrscheinlich bekommen.“
“Wie ihr seht, gibt es noch nicht einmal einen Grund, das Buch des Unangenehmen aufzuschlagen, wenn ihr völlig ignoriert, dass ihr mit eurer Wahrnehmung eure Realität gestaltet. Ihr würdet durch die schlechten Gefühle nur eure Kreativität und eure Fähigkeiten blockieren. Wenn ihr jedes Ereignis in das Buch des Angenehmen einordnet, steht euch euer gesamtes Potential zur Verfügung‘
“Wie sieht das aber praktisch aus? Wie kann ich ein Ereignis, das Gefahr in sich birgt, in das Buch des Angenehmen aufnehmen?“
“Sieh es als Spiel. Als ein Spiel, das du gewinnen willst. Man spielt nur ein Spiel, wenn man dazu Lust hat. Man spielt niemals, um das Unangenehme zu vermeiden. Solch ein Spiel würde man erst gar nicht beginnen. Wenn du die Gefahr des Unangenehmen gleich zu Beginn zu einem Ziel umdefinierst, kannst du dieses Ziel als Spiel ansehen, das du gewinnen möchtest. Wenn du bei einem Ereignis nur daran denkst, was du nicht willst, musst du es in das Buch des Unangenehmen einordnen. In allem, was du nicht willst, ist jedoch auch die Information enthalten, was du stattdessen willst. Damit denkst du dann nicht mehr an ein Problem, sondern an das Ziel, das hinter dem Problem steht.“
“Gib einmal ein Beispiel!“
“Wenn du beispielsweise nicht fett werden willst, dann hast du schlechte Gefühle, wenn du daran denkst. Schlechte Gefühle willst du jedoch vermeiden. Du wirst infolgedessen nur sehr ungern an Maßnahmen denken, mit denen du das Fettwerden vermeiden kannst, denn dabei fühlst du dich jedesmal schlecht. Sport oder Diäten werden sofort als etwas sehr Unangenehmes angesehen. Wenn du jedoch erkennst, dass du das Fettwerden vermeiden willst, weil du eigentlich schlank sein willst, dann werden sich deine Gedanken und Gefühle auf das Schlanksein beziehen. Du wirst beim Gedanken an Sport ein gutes Gefühl haben, denn es bringt dich deinem Ziel ein gutes Stück näher.“
“Wir sollen also immer daran denken, was wir wirklich wollen und nicht, was wir nicht wollen?“
“Richtig. Ihr braucht also die Gefahr nicht zu ignorieren. Ihr könnt aber, anstatt die Gefahr in das Buch des Unangenehmen einzuordnen, das Ziel der Sicherheit in das Buch des Angenehmen einbringen. Damit würdet ihr immer noch handeln. Nur hättet ihr dadurch zusätzlich die Sicherheit, dass ihr mit euren schlechten Gefühlen keinen Schaden anrichten könntet.“
“Das hört sich alles sehr logisch an. Aber gibt es keinen einfacheren Weg? Es dauert doch sicherlich noch eine ganze Weile, bis wir das unserem Unbewussten alles klargemacht haben.“
“Es wird mit der Zeit immer leichter werden. Ihr müsst ihm vor allem immer wieder klar machen, dass ihr das erlebt, womit ihr euch beschäftigt. Sagt ihm ganz konkret, dass es seine Gedanken und Gefühle immer darauf richten soll, was ihr tatsächlich wollt. Wenn ihr daran denkt, was ihr nicht wollt, was ihr also vermeiden wollt, so werdet ihr genau diese Ereignisse erleben. Euer Unbewusstes soll sich genau überlegen, was es will. Es soll an seine Wünsche denken. Aber nicht daran, was es alles tun muss, um die Wünsche Wirklichkeit werden zu lassen. Wenn es sich diese Wunschrealität vorstelIt, hat es bereits alles getan, was getan werden muss.
Publiziert am: Dienstag, 09. Februar 2016 (1225 mal gelesen)
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