sich verirren

Das Ich-Bin könnte auch Folgendes sagen; das wäre dann noch mehr wahr:

 

Nun, wir Ich-Bins wissen schon, wodurch sich Egos verirren: weil sie vergessen, dass sie sich gar nicht verirren können. Dadurch hören sie ja auf, ein Ich-Bin zu sein, machen sich ja erst zu einem Ego, verwandeln sich von einem Ich-Bin in ein Ego. Ein Ego, das ein Ego werden will, muss ja vergessen, dass es ein Ich-Bin ist. Damit das Ego geboren werden kann, muss ja das Ich-Bin sterben. Und umgekehrt.

Doch wir Ich-Bins wissen nicht, verstehen auch gar nicht, warum Egos ihr ursprüngliches Wesen vergessen, vergessen, dass sie Ich-Bins sind. Das ist auch für uns ein Wunder, das größte Wunder, das einzige Wunder. Alle weiteren scheinbaren „Verirrungen“ ergeben sich dann aus diesem ersten „Schein-Irrtum“ von selbst, sind kein Wunder mehr.

 

 

Oder ausführlicher:
 

Sie fragen, warum ein kluger Mensch wie Hartmut auf so eine dumme Idee kommen kann. Diese Frage hat sich Hartmut auch öfters gestellt, als er langsam merkte, dass er sich mit sich selber nicht mehr wohl fühlte, mit sich nicht mehr im Einklang war, und anfing, seine neuen Sichtweisen und Lebenshaltungen in Frage zu stellen. Er konnte sie natürlich nicht beantworten, weil sie einfach falsch gestellt ist. Aber in seinem „Bewusstseinsnebel“ konnte er sie auch nur falsch stellen.

Weil die Frage falsch gestellt ist, kann auch ich sie nicht beantworten. Ich kann nur richtig gestellte Fragen beantworten. Falsche muss ich erst in richtige verwandeln.

Die Frage, richtig gestellt, ist natürlich, warum Hartmut geglaubt hat, dass er sich verirren kann, sich verirrt hat. Nur Egos, die es ja  gar nicht gibt, können glauben, dass sie sich verirren können, dass sie sich verirrt haben. Innerhalb ihrer Wirklichkeitskonstruktion haben sie ja sogar Recht. Sie haben sich verirrt. Sie müssen sich auch verirren, weil sie ja insgesamt ein Irrtum sind. Ein Ich-Bin kann sich nicht verirren und glaubt auch gar nicht, dass er es könnte. Die richtige, entscheidende Frage ist deshalb, warum ein Ich-Bin vergisst, wer es ist, glaubt, ein Ego zu sein, und dann natürlich auch glauben muss, dass es sich verirren kann, dass es sich verirrt hat.

Und diese entscheidende Frage kann auch ich Ihnen nicht beantworten. Auch kein anderes Ich-Bin. Warum ein Ich-Bin sich vergessen kann, ist klar. Es hat als Ich-Bin die Freiheit dazu. Doch warum ein Ich-Bin sich dann tatsächlich dafür entscheidet, zu vergessen, wer es ist, und sein herrliches Sein in die schäbige Existenzform eines Egos zu verwandeln, ist völlig unverständlich. Es ist das größte Wunder, das es gibt. Es ist eigentlich das einzige Wunder. Alles andere kann man erklären, wenn die Frage richtig gestellt ist.“

 

Sie wollen trotzdem etwas von Hartmuts unwirklichen Alpträumen hören. Sie sind eben auch – scheinbar – ein Ego. Und Egos wollen etwas über andere Egos wissen. Wenn man sich mit anderen Egos befasst, verstärkt man die Illusion, auch ein Ego zu sein.

Gut, dann werde ich Sie etwas durch Hartmuts Scheinwelt führen. Das habe ich ja sowieso die ganze Zeit getan. Denn Hartmut hat es ja nie gegeben. Es gab immer nur mich, sein Ich-Bin.

 

 

Publiziert am: Samstag, 16. März 2019 (1465 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera

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