Paradoxien des Seins
Brahman, das eine alles durchdringende Masse der Glückseligkeit ist,
zeigt keine Qualität von Glückseligkeit.
Brahman ist das, was nicht in Worten ausgedrückt werden kann,
obwohl die Upanishaden Worte verwenden, um uns über seine Natur zu unterweisen.
Im Bereich der Worte
liegt Brahman zwischen zwei gegensätzlichen Aussagen:
Es ist absolut und relativ zur selben Zeit.
Es ist das ewig Unvergängliche,
obwohl es sich immer wandelnd ist.
Man sagt, es sei sowohl dies als auch Das.
Man spricht von ihm als Sat-Chit-Ananda,
doch es schließt ein, was nicht Sat ist,
was nicht Chit ist und was nicht Ananda ist.
Es ist jenseits von Sprache und Gedanken,
doch die ganze Reichweite von Gedanken und Sprache
liegt innerhalb von ihm.
(Maharishi Mahesh Yogi, Kommentar zur Bhagavad-Gita, VI, 28)
Das Absolute ist weder seiend noch nicht-seiend,
noch ist es vom Nicht-Sein und vom Sein verschieden.
(Madhava)
Was Gestalt ist,
das ist Leere.
Was Leere ist,
das ist Gestalt.
(Prajna-Paramita)
Der Himmel tut nichts.
Dieses Nichts-Tun ist Würde.
Die Erde tut nichts.
Dieses Nichts-Tun ist Ruhe.
Aus der Vereinigung dieser beiden Nichts-Tuns
beginnt alles Tun.
Und alle Dinge entstehen.
(Chuang Tzu)
Nichts auf Erden ist so weich und schwach wie das Wasser.
Dennoch, im Angriff auf das Feste und Starke wird es durch nichts besiegt.
(Laotse, Tao Te King)
Ich weiß nicht, wer ich bin.
Ich bin nicht, was ich weiß.
Ein Ding - und doch kein Ding
Ein Punkt - und auch ein Kreis.
(Angelus Silesius)
Ich bin in einer Welt,
die in mir ist.
(Paul Valery)
Die Zeit ist ein Strom, der mich fortreißt,
aber ich bin der Strom.
Sie ist ein Tiger, der mich zerfleischt,
aber ich bin der Tiger.
Sie ist ein Feuer, das mich verbrennt,
aber ich bin das Feuer.
(Jorge Luis Borges)
Immer wieder und wieder steigst du hernieder
In der Erde wechselnden Schoß,
bis du gelernt, im Licht zu lesen,
dass Leben und Sterben eins gewesen
und alle Zeiten zeitenlos;
bis sich die mühsame Kette der Dinge
zum immer ruhenden Ringe
in dir sich reiht.
In deinem Willen ist Weltenwille.
Stille ist in dir,
Stille - und Ewigkeit.
(Manfred Kyber)
Jede Energie erheischt ein Complement, um einen in sich selber ruhenden, über dem Spiel der Kräfte gelagerten Zustand zu verwirklichen.
Synthese der Verschiedenheiten ist jeder höher entwickelte Organismus.
(Paul Klee)
Sicherheit ist gefährlich.
(Friedrich Nietzsche)
Schicksal und Gemüt
sind Namen eines Begriffs.
(Novalis)
Wenn die ganze Welt Schönheit schön findet,
so liegt schon allein darin Hässlichkeit.
Wenn die ganze Welt Gutes gut findet,
so liegt schon allein darin Übel.
(Laotse, Tao Te King)
Paradoxien des Erkennens
Subhuti fragte den Buddha:
„Weltverehrter, ist der höchste, vollkommen erwachte Geist, den der Buddha erlangt hat, das Nicht-Erlangbare?“
Der Buddha sagte:
„Das ist richtig, Subhuti. Bezüglich des höchsten, vollkommen erwachten Geistes habe ich überhaupt nichts erlangt. Und darum wird er der höchste, vollkommen erwachte Geist genannt.“
(Diamant-Sutra )
Wahrheit ist die Erfindung eines Lügners.
(Heinz von Förster)
Unser Zweck ist das Unbekannte.
Wahrheit ist etwas Unbekanntes, man kann sie nicht erkennen.
Wenn man das Unbekannte misst, besteht es nicht mehr.
Unser Maßstab ist das Wort, und Worte sind nicht wirklich.
(Krishnamurti)
Von jeder Wahrheit ist das Gegenteil ebenso wahr...
Eine Wahrheit lässt sich immer nur aussprechen und in Worte hüllen, wenn sie einseitig ist.
Die Welt selbst aber ...ist nie einseitig.
(Hermann Hesse, Siddharta)
Die Welt ist nicht unvollkommen oder auf einem langsamen Weg zur Vollkommenheit begriffen: nein, sie ist bin jedem Augenblick vollkommen.
Zeit ist nicht wirklich...
Und wenn Zeit nicht wirklich ist,
so ist die Spanne,
die zwischen Welt und Ewigkeit, zwischen Leid und Seligkeit,
zwischen Böse und Gut zu liegen scheint,
auch eine Täuschung.
(Hermann Hesse, Siddharta)
Eines Abends fragte Specht: „Was ist der mittlere Weg?“
„Gute Frage“, entgegnete Meister Rabe.
„Ihr weicht meiner Frage aus“, sagte Specht.
„Du weichst meiner Antwort aus“, sagte Meister Rabe.
(Robert Aitken)
Ein Mönch fragte den Meister:
„Zeig mir den Weg ohne Worte!“
Da spricht der Meister:
„Frage mich ohne Worte!“
(Zen-Geschichte)
Wenn ich nicht sehe, dass ich blind bin,
dann bin ich blind.
Wenn ich aber sehe, dass ich blind bin,
dann sehe ich.
(Heinz von Foerster)
Nur die Fragen, die im Prinzip unentscheidbar sind,
können wir entscheiden.
(Heinz von Foerster)
Die Welt ist groß genug,
dass wir alle auf ihr Unrecht haben können.
(Werner Gross)
Meine Sätze erläutern dadurch,
dass sie der, welcher sie versteht,
am Ende als unsinnig erkennt,
wenn er durch sie - auf ihnen -
über sie hinausgestiegen ist.
(Er muss sozusagen die Leiter wegwerfen,
nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.)
(Wittgenstein)
Paradoxien des Handelns
Wer im Handeln Nicht-Handeln erblickt
und Handeln im Nicht-Handeln,
der ist ein Weiser unter den Menschen,...
(Bhagavadgita IV, 18 )
Wahrnehmung dessen, was ist,
Ist Wandlung.
(Krishnamurti)
Es ist leicht,
stille zu stehen und keine Spuren zu hinterlassen.
Aber es ist schwer,
zu gehen, ohne den Boden zu berühren.
(Chuang Tzu)
Damit das Mögliche entsteht,
muss immer wieder das Unmögliche versucht werden.
(Hermann Hesse)
Wir sollten nicht mit dem Forschen aufhören.
Und am Ende all unseres Forschens
werden wir dort ankommen,
wo wir angefangen haben,
und diesen Ort zum ersten Mal kennen.
(T.S. Eliot)
Mein Haus sagte zu mir:
„Verlass mich nicht, denn hier wohnt deine Vergangenheit!“
Und die Straße sagte zu mir:
„Komm und folge mir, denn ich bin deine Zukunft!“
Und ich sage zu beiden, zu meinem Haus und zu der Straße:
„Ich habe weder Vergangenheit noch habe ich Zukunft.
Wenn ich hier bleibe, ist ein Gehen in meinem Verweilen,
und wenn ich gehe, ist ein Verweilen in meinem Gang.“
(Kahlil Gibran)
Ein Schüler sagte zu seinem Meister:
„Wir denken, es gibt ein Gespenst in unserem Haus. Wir haben Angst. Bitte sage uns, was wir tun sollen!“
Der Meister antwortete: „Setzt einen Stuhl mehr an den Tisch!“
(unbekannt)
Wenn du in Eile bist,
mach einen Umweg!
(Zen-Buddhismus)
Wer einst viel zu verkünden hat,
schweigt lang in sich hinein.
Wer einst den Blitz zu zünden hat,
muss lange Wolke sein.
(Nietzsche)
Wurzeln und Flügel -
aber lass die Flügel Wurzeln schlagen
und die Wurzeln fliegen!
(Juan Ramon Jimenez)
Wer nicht siegen will, ist unbesiegbar
Was einmal besiegt wird,
muss immer besiegt werden.
(Krishnamurti)
Mittel und Zweck sind dasselbe,
und es gibt kein Ziel, das vom Mittel zu trennen ist.
Nur auf die Mittel kommt es an,
denn das Ziel wird durch die Mittel bestimmt.
Das Ziel liegt im ersten Schritt.
(Krishnamurti)
Während ich mich an deinen Grenzen stoße,
werden meine sichtbar. (K. Spiecker)
Sie nagelten Liebe ans Kreuz, symbolisch für ihre Macht.
Aber die Liebe blieb unbesiegt.
Sie wehrte sich einfach nicht.
(Illuminati)
Es ist leicht, das Leben schwer zu nehmen.
Es ist aber schwer, das Leben leicht zu nehmen.
(N. Peseschkian)
Das Leben ist ein Spiel, dessen Spielregel Nr. 1 lautet:
Das ist kein Spiel, das ist todernst. (Allan Watts).
Die grundlegende Regel,
wonach das Spiel kein Spiel, sondern todernst ist,
macht das Leben zu einem Spiel ohne Ende,
das eben nur der Tod beendet. (P. Watzlawick)
Sie spielen ein Spiel.
Sie spielen damit, kein Spiel zu spielen.
Zeige ich ihnen, dass sie spielen,
breche ich die Regeln,
und sie werden mich bestrafen. (Laing)
Angst klopfte an die Tür.
Vertrauen öffnete,
und niemand war draußen.
(chinesisches Sprichwort)
Widersprech ich mir selbst?
Nun gut, so widersprech ich mir selbst.
Ich bin weiträumig, enthalte Vielheit.
(Walt Whitman)
Der Weg, von dem man abweichen kann,
ist nicht der wahre Weg (Ken Wilber)
Estas siempre en mi camino.
(Du bist immer auf meinem Weg.)
Plakat an einer Kirche auf dem Camino (nach Santiago de Compostela)
„Befinde ich mich auf dem rechten Pfad?“ fragte Schwarzbär.
„Selbstverständlich“, antwortete Meister Rabe, „Vielfraß befindet sich ebenfalls auf dem rechten Pfad.“
„Vielfraß?“, erwiderte Schwarzbär erstaunt, „der scheint mir die Richtung verloren zu haben.“
„Das ist sein Pfad“, entgegnete Meister Rabe.
(Robert Aitken)
Keine Vorlieben haben
Ist der Vollkommene Weg.
Und für mich ist es auch kein Problem, eine Vorliebe zu haben.
Ich habe keine Vorlieben für oder gegen Vorlieben.
(Genpo Roshi)
Auf der Suche nach etwas fand ich nichts.
Und im Nichts fand ich alles.
In Armut fand ich Reichtum
Und in der Stille Musik.
Meinem Streben, gut zu sein, entsage ich,
mein Bemühen gebe ich auf -
Vollkommenheit in Unvollkommenheit.
(Gregg Krech)
Die Ersten werden die Letzten sein
und die Letzten die Ersten.
(Mt 20,16)
Wer sein Leben behalten will, wird es verlieren.
(Lk 9, 24)
Man kann nur behalten, was man loslassen kann.
(unbekannt)
Wer immer im Fährboot der Heilbringer...steht,
der soll die Rettung aller Lebenden im Sinn behalten
und sie zur Befreiung und Auslöschung im reinen vollkommenen Nirvana hinführen.
Und wenn er Kraft dieser Haltung alle Lebewesen gerettet hat,
dann wird doch kein einziges Nirvana erreicht haben.
(Prajna –Paramita)
Mit einigem Geschick kann man sich aus den Steinen,
die einem in den Weg gelegt werden,
eine Treppe bauen.
(unbekannt)
Let´s agree to disagree!
Einigen wir uns darauf, dass wir uns nicht einigen können!
(unbekannt)
Probleme sind nicht da, um gelöst zu werden.
Sie sind lediglich die Pole, zwischen denen sich die für das Leben nötige Spannung erzeugt.
(Hermann Hesse)
Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie.
Mensch, es wohnen dir, zwei Seelen in der Brust!
Such’ nicht eine auszuwählen,
da du beide haben musst!
(Brecht)
Ich möchte nur suchen, was ich nicht finde,
und suchen, was ich nicht finde.
(André Heller)
Fange nie an, aufzuhören!
Höre nie auf, anzufangen!
(Cicero)
Nur in einer Welt, die es nicht gibt,
kann ich glücklich leben.
Der Schüler sollte keine Persönblichkeit haben.
Aber der Lehrer sollte jeden Schüler als Persönlichkeit sehen.
(Yoshigasaki)
Paradoxien der Logik
Gestern in der Nacht flüsterte zu mir eine Stimme:
„Es gibt keine Stimmen, die in der Nacht flüstern.“
(Sufi-Weisheit)
In der Abenddämmerung kam ein Mann ins Dorf und sagte, er sei ein Prophet. Die Bauern aber glaubten ihm nicht. „Beweise es!“, forderten sie. Der Mann zeigte auf die gegenüberliegende Festungsmauer und fragte:“Wenn diese Mauer spricht, glaubt ihr mir dann?“. „Bei Gott, dann glauben wir dir“, riefen sie. Der Mann wandte sich der Mauer zu, streckte die Hand aus und befahl: „Sprich, o Mauer!“ Da begann die Mauer zu sprechen: “Dieser Mann ist kein Prophet. Er täuscht euch. Er ist ein Lügner.“
( nach Zülfü Livaneli)