Ikkyú Sójun - Gedichte von der Verrückten Wolke

 

 

Ein Brunnen ohne Wasser

 

 

Ein Brunnen ohne Wasser, gebohrt von niemandem -

Und ein Mann, ohne Gewicht und Form,

trinkt aus ihm.

 

Keine Wände, kein Dach.

Mein Haus wird nicht nass.

Kein Sturm zerstört es.

 

 

Oh Weide, tiefgrün, oh Blume, leuchtend rot!

Ich weiß, ihr habt gar keine Farbe.

 

 

In dieser Welt ist - ausnahmslos -

wirklich alles unwirklich.

 

Das Da-Sein der Dinge gleicht dem Echo.

Es folgt dem Ruf am Fuß des Berges.


Hör' ihre grausame Nicht-Antwort!

Bis Blut tropft, schlage deinen Kopf gegen ihre Mauer!



Starr sie dir an, bis deine Augen herausfallen:

diesen Tisch, diese Wand, diese unwirkliche Buchseite!


Lese die Liebesbriefe,

die Wind und Regen schicken,

Schnee und Mond!

 

Warum ist dieser falsche Traum,

warum ist dieses Verrückt-Sein so schön?




PS:

Etwas zu schreiben,

damit die Nachwelt es liest,

ist nur ein weiterer Traum.

 

Wenn ich erwache, weiß ich:

Es hat keinen gegeben,

der es schrieb.

Es wird keinen geben,

der es liest.

 

 

(frei nach Ikkyù Sójun, Gedichte von der Verrückten Wolke)






 

Publiziert am: Samstag, 21. Dezember 2024 (37 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera

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