Gehe neben

 

 

Ich geh nicht gerne vor dir,

hab' ja im Rücken keine Augen.

Wenn du mir folgst,

lauf ich vielleicht zu schnell

(und laufe dir dann weg.)

 

Ich geh nicht gerne nach dir.

Ich müh' mich vielleicht ab,

(das kannst du ja nicht seh'n)

um mit dir Schritt zu halten,

um nah bei dir zu bleiben.

 

Ich stehe und ich gehe

nicht gerne über dir.

Ich könnte über-heblich werden.

Ich könnte auf dich treten.

Wenn ich vom hohen Ross stürz,

fall ich auf dich,

reiß dich mit in die Tiefe.

 

Ich stehe und ich gehe auch

nicht gerne unter dir.

Ich könte unterwürfig werden -

nicht mehr ein anderer Mensch,

der dir was Eigenes sagt;

nur noch ein Hund, der auf dich hört.

 

Ich geh' am liebsten neben dir,

an deiner Seite,

mit dir gemeinsam, bei dir.

Ich kann dich sehen

und du kannst mich seh'n.

Und unsere Augen sehen fast das Gleiche -

und sind auf gleicher Höhe.

 

 

 

Angeregt zu diesen Zeilen hat mich Jorge Bucay, der doppelte argentinische Kollege, auch ein Schreiber und Seelenheiler,

durch eines seiner Gedichte aus dem sehr empfehlenswerten Buch "Komm, ich erzähle dir eine Geschichte",

das in seiner auf das Wesentliche gekürzten Knappheit eine eigenen Reiz hat:

 

 

Geh' nicht vor mir her!

Ich könnte dir nicht folgen.

 

Geh' nicht hinter mir!

Ich könnte dich verlieren.

 

Geh' nicht unter mir!

Ich könnte auf dich treten, auf dich fallen.

 

Geh' nicht über mir!

Ich könnte dich als Last empfinden!

 

Geh' an meiner Seite!

 

 

 

 

Natürlich geht es als Zusammenfassung noch kürzer:

 

Willst du nicht für dich alleine

ohne andere Menschen leben,

geh’ nicht vor und geh’ nicht nach,

geh’ nicht über, geh’ nicht unter,

gehe mit und gehe neben!

 

Publiziert am: Mittwoch, 11. Dezember 2024 (12 mal gelesen)
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