Einfach machen

 

 

Ein Löwe verirrt sich in die Wüste.

Beim Jagen vergisst er die Zeit,

vergisst sich selbst.

Erst als es Abend wird, bemerkt er,

dass er Durst hat, starken Durst hat.

Zum Glück riecht er ein Wasserloch, ganz in der Nähe -

da gar kein Wind weht, ohne Wellen, spiegelglatt.
 

Doch als er sich über das Wasser beugt,

sieht er einen anderen Löwen, der ihn ansieht.

Verwirrt weicht er zurück.
 

Nach einiger Zeit -

sein Durst wird immer größer,

seine Wut auf den anderen Löwen auch,

wagt er sich zum zweiten mal an das Wasserloch.

Dieses Mal sieht er einen Löwen, der ihn wütend ansieht.

Erschreckt weicht er zurück.

Er hat jetzt Angst.
 

Als der Durst ihn zum dritten Mal an das Wasserloch treibt,

sieht er einen Löwen, der ihn ängstlich ansieht.

Wieder weicht er zurück, jetzt völlig durcheinander.
 

Schließlich ist ihm alles egal.

Mit dem Mut der Verzweiflung, einer merkwürdigen Gelassenheit,

schleppt er sich zum vierten Mal an das Wasserloch.

Zu seiner Verwunderung hört er in sich eine Stimme, die sagt:

"Ich mach es einfach, mach es einfach.

Ich bin einfach, bin einfach."

 

Er trinkt.

Das Wasser wirft Wellen.

Kein anderer Löwe ist mehr da.

 

(frei nach Bernhard Trenkle, Die Löwengeschichte)




 

Einfach leben

ist einfach leben.

Einfach machen

ist einfach machen.

Einfach sein

ist einfach sein.


 

 

Einfach machen

ist sich einfach machen,

Einfach machen lässt mich sehen,

dass etwas einfach ist,

dass ich einfach bin,

dass ich einfach bin.

 

 

 




 

Kommentar:


 

Wenn du in einen Spiegel schaust,

durchschau: das ist ein Spiegel

Lass dich von ihm nicht täuschen!

Und täusche dich nicht selbst!


 

Der Spiegel zeigt nichts Eigenes.

Er zeigt nicht etwas Anderes.

Er zeigt auch keinen Anderen.

Er zeigt nur dich, nur dich.

Er zeigt dir nur dich selbst.

Er zeigt nur dich für dich.

Nur du, nur du allein,

du spiegelst dich im Spiegel.

 

Der Spiegel lässt dich sehen,

wie du gerade aussiehst,

was du gerade ausdrückst,

was du gerade bist.

 

Der Löwe, der durchschaut nicht,

dass er in einen Spiegel schaut,

der ihm zeigt, was er ist -

zuerst verwirrt, dann wütend,

zuletzt erschreckt und ängstlich.

Und was er sieht, das macht ihn

zuerst verwirrt, dann wütend

zuletzt erschreckt und ängstlich.

 

Die Ursache, die kann er,

nicht von der Wirkung trennen.

Er und der scheinbar Andere,

die schließen sich zusammen,

zu einem festen Ring,

zu einer Schlange, die sich

selbst in den eigenen Schwanz beißt.

Er ist in sich gefangen,

dreht sich in sich im Kreis.


 

Durchschaue, mach dir klar:

auch ein Gefühl, das nur sich selbst,

nichts Anderes fühlen will,

das ist ein innerer Spiegel.

Es hat nur mit sich selbst zu tun,

es sagt nur etwas über sich,

sagt über Anderes nichts.

 

Solang du in ihn reinschaust,

bist du beschränkt auf dich,

verschließt du dich in dir,

bist nicht für Andere offen.

Schau nicht nur in den Spiegel,

den Spiegel der Gefühle!

Sei auch mal Fühlen, nicht Gefühl,

ein Fühlen, das sich ein-fühlt,

das Anderes er-fühlt;

sei Fühlen, das erkennt, das fühlt,

was wahr, was schön, was gut ist.

 


 

Schau nicht stets in den Spiegel

Leg ihn doch auch mal fort!

Tu einfach, was zu tun ist!

Sei einfach, was du tust.

Dann wird dein Leben einfach,

dann bist du einfach einfach.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Publiziert am: Samstag, 30. November 2024 (26 mal gelesen)
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