Ich habe hier die Selbstoffenbarung Krishnas in der Bhagavad Gita übernommen:

"Alle Wesen sind in mir,

doch ich bin nicht in ihnen."

(Bhg 9,4)

 

In diesen Zeilen drückt sich ein Gottesbild aus, das man pan-en-theistisch nennt.

Es ist gewissermaßen eine Synthese von und über zwei anderen Gottesvorstellungen:

 

der (welt)immanenten, pantheistischen:

Gott ist alles, alles ist Gott.

Gott ist die Vielfalt im Einen, das Eine in der Vielfalt.

Gott ist unendlich nah.

 

und der (welt)transzendenten theistischen.

Gott ist jenseits von Allem.

Er steht als Schöpfer außerhalb seiner Schöpfung,

seiner Schöpfung gegenüber,

von keinem seiner Geschöpfe erreichbar und erkennbar.

Gott ist unendlich fern.

 

Der sich offenbarende Krishna ist beides,

unendlich fern und unendlich nah.

Alle Wesen sind Teile seiner Ganzheit.

Doch er ist als Ganzes größer als die Gesamtheit seiner Teile.

 

Ein pan-en-theistisches Gottesbild scheint auch der Sufismus, die islamische Mystik zu haben.

Allah ist in allen Wesen. Seine 99 Namen, seine Wirkkräfte,

durchdringen - wie schon gesagt - seine ganze Schöpfung.

Jeder Mensch kann und soll auch jeden dieser Namen in sich voll verwirklichen.

Sie sind ja schon in ihm da. Er kann werden, was er schon ist.

Dann ist er ganz in Gott.

Doch dadurch wird er nicht zu Gott.

Gott ist nicht ganz in ihm.

Es gibt ja immer noch den hundertsten Namen,

den unbekannten, nicht erkennbaren, nicht aussprechbaren,

der kein Name ist, der jenseits aller Namen, aller Worte liegt.

Ihn können wir nicht durch eigenes Bemühen, aus eigener Kraft verwirklichen.

Gott muss ihn uns offenbaren - im wortlosen, namenlosen Schweigen.

 

Und vielleicht vermittelt ja auch Christus uns eine solche Vorstellung von Gott,

wenn er sagt:

"Ich und der Vater sind eins." (Joh10,30)

und

"Der Vater ist größer als ich." (Joh14,28)