Berg und Himmel
Ich lenk’ den Blick auf einen großen Berg,
wunder-voll, pracht-voll, macht-voll,
hoheits-voll weit das Land beherrschend,
das Haupt - mit reinem Schnee gekrönt -
zauber-voll im Lichte glänzend.
Und doch sagt eine leise Stimme -
in mir?:
"Dieser Berg verdeckt
- nur oder auch -
den grenzenlos hohen und weiten Himmel
hinter ihm und über ihm.
Er ist
- nur oder auch -
vom Adler,
der hoch am Himmel schwebt,
der Schatten auf der Erde."
Kommentar:
Zu dem Bild vom Schatten des Adlers bin ich durch folgende Passage aus Rumis Matnawi angeregt worden:
„Der Vogel fliegt hoch und sein Schatten eilt über die Erde wie ein Vogel.
Mancher Tor jagt den Schatten, läuft ihm bis zur Erschöpfung hinterher.
Er weiß nicht, dass der Schatten nur das Abbild des Vogels in der Luft ist.
Er kennt den Ursprung des Schattens nicht.
Er schießt Pfeile auf den Schatten; dabei wird sein Köcher geleert.
Der Köcher seines Lebens wurde leer.
Sein Leben ist bei der Jagd auf den Schatten vergangen.“
(Matnawi I, 417-421)
Vielleicht ist der Berg manchmal ein Hindernis
für den Blick auf den Himmel.
Vielleicht ist das Streben zum Himmel manchmal ein Hindernis
für das Leben am Berg.
Männer -
es sind (mal wieder) fast ausschließlich Männer - ,
die mit verbissenem Eifer zornig dafür kämpfen,
sogar so blind sind, dass sie dafür morden,
dass nur der Himmel auf der Erde Macht hat,
über die Menschen er alleine herrscht,
gebietet und verbietet, und als Richter straft,
verhindern schrecklich und erschreckend mit Gewalt,
dass Frieden waltet auf der Erde,
dass Liebe Lebensfreude bietet,
unter den Menschen Freiheit herrscht.
Imagine there's no heaven
It's easy if you try
No hell below us
Above us only sky
Imagine all the people
Living for today... Aha-ah...
Imagine there's no countries
It isn't hard to do
Nothing to kill or die for
And no religion, too
Imagine all the people
Living life in peace... You...
You may say I'm a dreamer
But I'm not the only one
I hope someday you'll join us
And the world will be as one
(John Lennon, Imagine)
freie Übersetzung:
Stell' dir mal vor: Es gibt gar keinen Himmel.
Versuch' es doch! Dann siehst du, es geht leicht.
Unter uns, da gibt es keine Hölle.
Und über uns leuchten allein die Sterne.
Stelle dir vor, dass alle Menschen
nur leben für das Hier und Heute!
Stelle dir vor, es gibt gar keine Staaten!
Das kannst du doch, es ist ja gar nicht schwer.
Nichts, um dafür zu töten und zu sterben.
Religion, die gibt es auch nicht mehr.
Stelle dir vor, dass alle Menschen,
einfach ihr Leben leben - in Frieden!
Du sagst vielleicht, ich sei ein Träumer.
Doch steh ich damit nicht allein.
Ich hoffe, irgendwann gehörst auch du zu uns.
Und die Welt, sie wird geeint sein - dann.
Publiziert am: Montag, 23. März 2020 (14466 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera
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