Wurst - auch ohne Not

 

 

Nicht nur in Not,

in jeder Lage schmeckt

die Wurst auch ohne Brot -

zu jeder Zeit und überall.


 

Iss Wurst, sooft du willst -

mit oder ohne Brot!

Wer weiß, wie lang du es noch kannst.

Vielleicht bist du schon sehr bald tot.

 

 

Genieße heut', an diesem Tag

das reiche, volle Leben!

Vielleicht wird es nach dieser Nacht

ja keinen Morgen geben.

 

 

 

 

Kommentar:

 

Ich weiß, die Wurst ist schädlich -

wie Zucker, Kaffee, Bier.

Jedoch, sie schmeckt auch Menschen,

nicht nur dem Hund, dem Tier.

 

 

Wurst, Fleisch, auch Zucker kannst du

in Maßen ruhig essen.

Vermeide nur, in ries'gen Mengen,

sie in dich reinzufressen!

 

Der Mensch, der isst genüsslich,

gefräßig schlingt das Tier.

Bleib Mensch und gönn' dir maßvoll

Wurst, Zucker, Kaffee, Bier!

 




 

 

 

Es lebe das Laster


Er war eben so,

war völlig daneben.
Er hat nie geraucht,
ging nie einen heben.
Statt Vinho und Gambas
Vollmilch und Brot,
und was hat er davon?
Denn nun ist er tot...


Er saß wie ein Geier
auf seinen Moneten,
er ließ es nie krachen
auf diesem Planeten.
War immer versichert
für jegliche Not,
und ich trinke auf ihn,
denn nun ist er tot...


Es lebe das Laster,
denn wer brav ist
wird nirgendwo vermisst.
Erst recht, wenn er daran gestorben ist.


Er ging nie zum Aufriss
in heiße Lokale,
machte niemanden an
und niemals Randale.
Kein Cocktail am Strand
im Abendrot...
Er tut mir so leid,
denn nun ist er tot...


Er hat das Finanzamt
niemals beschummelt,
Und hätt' er 'ne Frau,
hätt' er sie nie befummelt.
Er war nie im Bett
mit Blond oder Rot.
Und jetzt ist es zu spät,
denn nun ist er tot...

Es lebe das Laster, ...

 


Er aß sich nie satt
und war trotzdem nicht schlank.
Er fuhr nie ans Meer,
denn die Sonne macht krank.
Alkohol war tabu,
weil das die Leber zerstört.
Er ist von innen vertrocknet
und von außen verdörrt.


Es lebe das Laster, ...

 

(Udo Jürgens, Es lebe das Laster)










Die Leine abschneiden
 

Sorbas schüttelte den Kopf: „Nein, Chef, du bist nicht frei. Die Leine, an die du gebunden bist, ist etwas länger als die der Anderen. Das ist die ganze Geschichte. Du hast eine lange Leine, du gehst, du kommst, du glaubst, frei zu sein, aber du schneidest die Leine nicht ab. Und wenn man die Leine nicht abschneidet...“

Ich werde sie eines Tages abschneiden!“sagte ich trotzig, weil seine Worte eine offene Wunde in meinem Innern berührten, die schmerzte.

„Das ist sehr schwer, Chef, sehr schwer. Dazu braucht es ein Bisschen Verrücktheit, hörst du? Nämlich alles zu riskieren. Du aber hast einen handfesten Verstand, er ist dein Verderben. Der Verstand ist ein Krämer, er führt Buch: So viel habe ich ausgegeben, so viel eingenommen; das ist der Gewinn, das ist der Verlust. Er ist ein guter Geschäftsmann, er setzt nicht alles aufs Spiel. Er sorgt immer für Reserven. Er schneidet die Leine nicht ab, nein, der Spitzbube hält sie im Gegenteil fest in der Hand. Wenn sie ihm entgleitet, ist der arme Schlucker verloren. Aber kannst du mir sagen, wonach schließlich das Leben schmeckt, wenn du die Leine nicht abschneidest? Nach Kamillentee, ja, nach Kamillentee, nicht nach Rum, der dich umwirft!“

Er schwieg, goss sich ein, ließ das Glas aber stehen.

„Du musst entschuldigen, Chef, ich bin nur ein einfacher Bauer. Die Worte bleiben an meinen Zähnen hängen wie der Schlamm an den Füßen. Ich kann nicht schöne Redensarten formen und Höflichkeiten sagen. Ich kann es nicht. Du aber, du verstehst es.“

Er leerte sein Glas und sah mich an.

„Du verstehst es!“ wiederholte er heftig, als ginge der Zorn mit ihm durch. „Das ist dein Verderben! Wenn du es nicht verstündest, wärest du glücklich. Was mangelt dir schon! Du bist jung, du hast Geld, du bist gescheit, du bist gesund, du bist ein guter Kerl, dir mangelt nichts. Donnerwetter! Nichts außer einem, das ist ein Stück Übergeschnapptheit! Und wenn dir das fehlt, Chef...“

Er wiegte den dicken Kopf und schwieg von neuem. Um ein Haar hätte ich jetzt geheult. Was Sorbas sagte, war richtig.

Als Kind hatte ich tolle Pläne, übermenschliche Wünsche gehabt. Ich saß allein und seufzte, weil mir die Welt zu eng erschien.

Mit der Zeit wurde ich langsam vernünftiger. Ich setzte mir Grenzen, ich begann, das Mögliche vom Unmöglichen, das Menschliche vom Göttlichen zu unterscheiden. Ich ließ meinen Papierdrachen steigen, aber ich hielt ihn fest.

(Nikos Kazantzakis, Alexis Sorbas)

 

 

 

Wer maßvoll ganz vernünftig lebt,

sich nicht vom sicheren Boden hebt,

nie über einem Abgrund schwebt,

der lebt nicht ganz und voll,

der lebt ganz nett, nicht toll.






 

 

Publiziert am: Freitag, 31. Mai 2024 (60 mal gelesen)
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