Der Sabbat, der ist für den Menschen da
Als Kardinal Richelieu gefragt wurde,
warum denn das von ihm geführte katholische Frankreich sich mit dem protestantischen Schweden gegen den katholischen deutschen Kaiser verbünde,
antwortete er sinngemäß:
„Natürlich bin ich Priester und guter Katholik.
Aber vor allem bin ich Franzose.“
Das war damals fortschrittlich, ein Schritt vom Mittelalter in die Neuzeit.
Heute ist es – Gott sei dank – rückschrittlich geworden, irgendeine Nation „über alles, über alles in der Welt“ zu stellen.
Heute ist es in Europa wenigstens teilweise schon Gegenwart, in anderen Kulturen leider noch notwendige Zukunft,
die Sicht Richelieus folgendermaßen zu erweitern:
„Natürlich bin ich Gottgläubiger und Gottdiener.
Aber vor allem bin ich Mensch.“
Die Tage, in denen ein Mensch gesteinigt wird, weil er das „göttliche“ Sabbatgebot nicht eingehalten hat,
ans Kreuz geschlagen wird, weil er angeblich Gott gelästert hat,
oder ermordet wird, weil er sich über den Propheten Mohammed lustig gemacht hat, müssen für immer vorbei sein.
Alle angeblich von Gott stammenden, von Gott gewollten Gesetze müssen mit den Mitteln der menschlichen Vernunft,
nach dem Maßstab der menschlichen Vernunft, daraufhin überprüft werden, ob sie wirklich dem Menschen dienen.
„Der Sabbat ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbat.“
Das sagte schon vor knapp 2000 Jahren ein Mensch, von dem ein großer Teil der Menschheit glaubt, er sei ein Prophet, ein von Gott Gesandter,
ein noch größerer Teil der Menschheit, er komme von Gott und sei sogar selber Gott.
Das von Menschen gemeinsam Geschaffene und Gewollte muss über dem angeblich von Gott Gewollten stehen:
das Grundgesetz über den "zehn Geboten",
das staatliche Scheidungsrecht über dem kirchlichen,
das staatliche Strafrecht über der Scharia.
Gottsucher sollte es immer noch, immer wieder geben.
„Wenn es Gott nicht gäbe, müsste man ihn erfinden.“ (Blaise Pascal)
Doch Gotteskrieger darf es nicht mehr geben.
Dass jemand glaubt, es sei Gottes Wille,
dass einer seiner Kinder oder Diener einen anderen seiner Kinder oder Diener tötet,
nicht etwa deshalb, weil dieser Andere nicht an ihn glaubt,
sondern nur, weil er einen anderen Namen für ihn hat, ein anderes, natürlich falsches Bild von ihm,
das muss für alle Zeit der Vergangenheit angehören.
(Und der Fortschritt der Menschheit ist gewissermaßen rücksichtslos:
Die Menschheit schreitet fort und sieht nicht zurück.
Wer nicht mitgeht, bleibt einfach zurück. )
Publiziert am: Montag, 23. März 2020 (921 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera
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