Am Ende
Der Sohn geht weg vom VATER,
geht seinen Weg,
geht ihn zu Ende,
bis auch er selbst am Ende,
er ganz verloren,
ganz verlassen ist.
Erst jetzt besinnt er sich,
kehrt um -
zurück zum VATER.
"Eh nicht das Äußerste erreicht ist,
kehrt sich nichts ins Gegenteil."
(Hermann Hesse)
Die Schulter - schmerzhaft gedrückt durch überschwere Last -,
die Haut - von wuseligem Treiben aufgerauht -,
das Herz - von wirrem Unfug wund gerieben -,
sie müssen sich erst wieder neu er-heilen.
Die müde Seele weint um den verlorenen Frieden.
Geschwächt von Reisefieber und in Bilderflut ertrunken,
sehnt sie sich - an das Kreuz der Zeit geschlagen -,
nur noch danach, dass alle Uhren endlich stille steh’n,
will nur noch flüchten aus dem Lärm und Wahn der Welt.
Doch ist es oft gar nicht die Welt, die Leiden schafft.
Es sind die eigenen Wünsche, Leiden-schaften und Begierden.
Die Welt ist schuldlos, tut von sich aus nichts;
sie ist nur unbefangen einfach, wie sie ist.
Sie kann mir meinen Frieden nur dann rauben,
wenn ich ihn leichtsinnig und fahrlässig verspiele,
schon selber aufgegeben habe ohne Not.
Der Krieg drängt sich nicht ungerufen, ungebeten auf.
Ich selber zieh’ freiwillig in den Krieg -
von niemandem und nichts dazu gezwungen.
Du bist geschafft vom Druck, den du alleine
und völlig un-nötig dir selber schaffst.
Du bist erschöpft vom Tanzen um das „Goldene Kalb“,
den Götzen, den du selbst für dich gemacht hast,
weil du nicht sehen willst, dich selber täuschend,
dass du am Schluss von ihm ent-täuscht sein wirst,
dann, wenn du weißt, dass er doch nicht gehalten,
dass er auch gar nicht halten konnte,
was du dir einst von ihm versprochen hast.
Verlier dich nicht im Zwang, schaffen zu müssen,
verkrampft im oft vergeblichen Bemüh’n!
Finde zurück zu dir, indem du was erschaffst!
Finde in dem, was du erschaffst, dich selber wieder!
Sei freier Schöpfer, ruhend im Erschaffen,
darin, dass du und wie du jetzt erschaffst!
Werd' doch kein Sklave der Geschöpfe,
angstvoll gekettet an die Frage,
ob und wie schnell du etwas schaffst!
Such’ in der Welt nicht hohle Götzen,
die eigen-willig du dir machst -
Erfolg und Reichtum, Macht und Anseh’n!
Finde in ihr statt dessen einfach,
lass ungewollt durch dich entsteh’n,
was Gott gewollt hat, er geschaffen,
was Gott durch dich erschaffen will!
Kommentar:
„Was ist denn das, was Gott durch mich erschaffen will?“
wirst du mich vielleicht fragen, liebe Leserin.
Das unbeschwerte Lachen im Gesicht des kleinen Kindes,
mit dem ich unbefangen ausgelassen balge;
die lächelnden, von Last befreiten Augen meines Freundes,
den ich nicht selbstgerecht ver-urteile,
dem ich nicht rache-süchtig übel nehme,
was er - verführt von seinen Götzen - (mir) getan hat;
den ungestörten Frieden zwischen mir und Anderen,
deren zu schnell gesagte Worte ich schlicht überhöre,
weil sie bedeutungsloser Unsinn sind - nichts sonst -
einfach für mich nicht brauchbar und deshalb nicht wichtig;
die Dankbarkeit des schwach gewordenen Alten,
für den ich trage, was er nicht mehr tragen kann;
und dem ich dankbar bin dafür, dass er mir dankbar ist,
so wie ich auch mir selber dankbar bin dafür,
dass ich von mir ihm etwas geben konnte,
für das er mir nun "danke" sagen kann;
dass ich bereitwillig als Werkzeug dazu diene,
dass sich das Leben großzügig dem Leben schenkt,
genau das ist, was Gott durch mich erschaffen,
was Gott durch mich geschehen lassen will.
Gesagt mit Worten der erhabenen Gita:
„So, wie der, der nicht weiß, aus seinen Wünschen handelt,
so soll der Weise tätig sein zum Wohl der Welt.“
(frei nach Bhagavad-Gita III, 25)
Freudiges Lachen und glückliches Lächeln,
vergeben und nicht schuldig sprechen,
sich achten in Frieden, begegnen als Freunde,
großherzig offen sein und dankbar
für Nehmen- wie für Geben-Können,
genau das ist das Wohl der Welt.
Wer denkt, das sei doch nicht genug,
wer es noch in was Anderem sucht,
folgt oft (nicht immer!) einem Götzen.
Publiziert am: Montag, 23. März 2020 (951 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera
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