La Gomera und La Palma
Am liebsten haben ist Unsinn
(August Macke)
Zwei Schwestern
Ich gehe in ein Haus, wo sieben Schwestern wohnen.
(Genau genommen sind es sogar acht;
die letzte jedoch ist nur zwergengroß,
wird deshalb von den meisten übersehen.)
Ich stelle euch nun zwei von ihnen vor:
Sie sehen ähnlich aus, sie sind ja beide Töchter
der Meerestiefe und des Feuerzorns.
In ihrem Wesen sind sie jedoch recht verschieden.
Die eine, die ist ungeschminkt und ungeschmückt,
mit wilder Haarpracht, nicht einmal gekämmt,
ein armes Straßenkind in einem Bauernkittel,
unschuldig, unverdorben, ungekünstelt
das ihrer Schönheit noch gar nicht bewusst,
noch unbekümmert, unbefangen herzlich.
Sie müsste eigentlich so wie die Schwester heissen.
Sie ist die ältere und hat deshalb mehr Falten.
Doch gerade die, die machen sie sehr schön.
Sie ist viel kleiner, auch etwas gedrungen,
nicht wie die Schwester hochgewachsen schlank.
Die andere war mal reich, bekannt, sogar berühmt,
lud Gäste in ihr Haus aus aller Welt.
Sie trägt voll Stolz das goldene Diadem,
das ihr geblieben ist aus frohen Jugendjahren.
Noch immer ist sie launenhaft wie eine Diva,
verschleiert und enthüllt sich wie sie will.
Ihr Kleid ist grün – mit farbenfrohen Bändern,
die Strümpfe schwarz und manchmal weiß der Hut;
Sie zu vergleichen, das macht keinen Sinn.
Jede ist wunderschön auf ihre eigene Art.
Das Fernweh zieht mich auch zu beiden hin.
Denn jede hat ihr Wesen sich bewahrt.
Die eine, die heißt einfach La Gomera,
die andere nennt sich selbstbewusst La Palma.
Publiziert am: Samstag, 18. Mai 2019 (677 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera
[ Zurück ]