Wir haben uns ja in diesem Ordner zuerst damit beschäftigt, wie wir Bleikugeln aus der Vergangenheit loslassen können, die wir uns an die Füße gebunden haben und jetzt auf unserem Weg durch das Leben mitschleppen. Dann haben wir uns der ebenso unnötigen Belastung durch Phantasien über die Zukunft zugewandt. Und erst dann haben wir uns gefragt, was es denn bedeutet, von Vergangenheit und Zukunft befreit in der Gegenwart zu leben. Und diese Aufeinanderfolge ist sicher auch geeignet für ein klares, geordnetes Verständnis einer sinnvollen Haltung zur Zeit.
Ob es auch genauso sinnvoll ist, nach dieser Reihenfolge zu leben, weiß ich nicht.
Wenn ein Krug abgestandenes, faules Wasser enthält oder eine giftige Säure, muss ich natürlich diese Flüssigkeit erst ausschütten, den Krug erst leer machen. Erst dann kann ich frisches Wasser hineingießen.
Aber ist unser Geist, unsere Seele, ein Krug, der erst leer gemacht werden muss? Ist er nicht schon leer? In einen Krug, der schon leer ist, kann ich sofort das frische Wasser gießen. Ist es deshalb nicht sinnvoller, ich schütte sofort das frische Wasser der lebendigen Gegenwart hinein, damit das faule Wasser der Vergangenheit oder das Gift der Zukunft gar nicht erst in ihn einfließen können. Denn was schon voll ist, kann nicht mehr mit etwas Anderem gefüllt werden.
Muss ich erst die Schleier der Vergangenheit und Zukunft entfernen, damit das Licht der Gegenwart ungehindert durch das Fenster meines Geistes scheinen kann? Oder gibt es gar keine Schleier, die das Licht behindern, sondern nur Dunkelheit, das Fehlen von Licht, und es ist gar nicht nötig, sich mit der Dunkelheit zu befassen, weil man einfach Licht anzünden kann und die Dunkelheit dann verschwunden ist?
Ich habe es bisher durch meine eigene Lebenserfahrung, das Experiment meines Lebens, nicht herausgefunden. Finde, lieber Leser, die Antwort selber durch das Experiment deines Lebens!
Vielleicht ist es, wie so oft, sinnvoll, beides zu tun.
Vielleicht muss man das eine tun, ohne das andere zu lassen.
Fange an und höre auf!
Hör nur auf,
das Falsche zu tun.
Dann
fängst du von selbst an,
das Richtige geschehen zu lassen.
Und auch
Nicht: oder
Fange nur an,
das Richtige zu tun.
Dann hörst du von selbst auf,
Raum zu lassen,
in dem das Falsche geschehen kann.