die Alhambra

 

„Die Ornamente wechseln unabsehbar ihre Formen, schütten - etwa die Grundform von Kreis, Viereck oder Stern abwandelnd - eine spielerische Fülle von Varianten aus, verschränken sich so sehr ins Labyrinthische, dass das Auge beim Versuch der Entwirrung schmerzt, und treten dann wieder aus den Überkreuzungen mit kühler geradliniger Regelmäßigkeit hervor. Sie machen nirgendwo Halt, auch nicht an den Ecken eines Saales, sondern gleiten über sie hinweg ohne Anfang und Ende, ohne Einschnitt und Gliederung. .....

            Römischer Gründerwille und abendländisches Persönlichkeitsbewusstsein enden an den Grenzen Europas in dem orientalischen Märchenreich der Alhambra. Die phantasievollen Bewegungen der Ornamente lassen die Gegensätze verschwinden.  Wechsel wird belanglos, und Gleichheit im Wechsel behauptet sich als eigentlicher Sinn des Geschehens. Der Wille schläft ein, Grenzen zerlaufen ins All; nur eines gilt noch: Ruhe in Allah.“

(Weltgeschichte der Kunst, S.572-573)

„ Überall gliedert das Ornament die Fläche in horizontale Streifen und füllt sie mit Mustern aus, bis keine Stelle mehr leer ist. Nirgendwo hält ein Rahmen oder eine Ecke es auf; es läuft um alle vier Wände eines Raumes ohne Anfang und Ende. Nur selten sammelt es sich in einem mittleren Motiv; selbst wo man eine Zentrierung erwarten könnte, etwa bei der Anbringung eines Wappens, erscheint das Zeichen des Bauherrn und Herrschers in kleinen Maßen und in vielfacher Wiederholung. Das islamische Ornament vermeidet Begrenzung, Raffung, Richtung; es treibt dahin, und gerade dieses Erlöschen des Willens ist ihm wesentlicher als alle Aktivität.

Der Anblick der ziellosen Muster tötet den Wunsch zum Handeln. Der Handelnde muss immer bei einem Einzelnen zufassen. Hier gleitet das Auge über alle Einzelheiten hinweg. Indem der sinnend Betrachtende, betrachtend Sinnende sein Ich in dieses Gewebe gleichsam einflicht, vergisst er sein eigenes Selbst. Alles fließt stetig dahin über dem leeren Grunde. Allah ist alles - der Mensch nichts.“

(Weltgeschichte der Kunst, S. 587)


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Publiziert am: Donnerstag, 24. Januar 2019 (1193 mal gelesen)
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