Wie eine weiße Wolke

 

 

Ich weiß, ich kann noch heute sagen:

 

"Ich bin kein Airbus in gerader Bahn,

kein Falke auf der Jagd nach Beute,

bin eine weiße Wolke,

vom Wind beweht, im Wind bewegt,

 

ein wurzelloses Wunder

ohne Ziel und Zweck,

befreit vom Wunsch, erlöst vom Willen,

nicht strebend, auch nicht wider-strebend,

gedanken- und bedenken-frei,

kenn kein Woher, Wohin und kein Wozu,

ein Wand'rer ohne Heimat -

ohne Haus und Hof;

 

ein sanftes Strömen, stilles Fließen,

ein Gleiten ohne Widerstand;

 

sich dauernd ändernd, stets sich wandelnd,

nicht eingefahren, fest-gelegt

auf eine vor-gefasste Form;

 

 

durch nichts belastet,

leicht-gewichtig,

und alles Schwere über-schwebend

der Sonne und den Sternen nah."

 

Ich weiß, ich werd' es einmal sagen.

Warum erst morgen, nicht schon heute?
 

 



Kommentar:

 

Heute Morgen waren weiße Wolken am Himmel. Jetzt sind sie verschwunden.

Wohin sind sie gegangen? Woher sind sie gekommen?

Wie formen sie sich und wie lösen sie sich wieder auf?

Eine weiße Wolke ist ein Mysterium.

Ihr Kommen und Gehen, ihr ganzes Wesen. ....

 

Eine weiße Wolke existiert völlig ohne Wurzeln,

sie ist ein wurzelloses Ding und hat keine Heimat -

oder ist im Nichts beheimatet.

Und doch existiert sie.

So ist das ganze Weltall, wie eine weiße Wolke,

ohne jede Ursache, letztlich ohne Ursache.

Es existiert. Es existiert als ein Mysterium.

 

Eine weiße Wolke geht keinen eigenen Weg. Sie treibt dahin.

Sie hat kein Ziel, kein Schicksal zu erfüllen, kein Ende.

Man kann eine weiße Wolke nicht enttäuschen,

denn wo immer sie ankommt, ist das Ziel.

Wenn man ein Ziel hat, wird man zwangsläufig irgendwann enttäuscht.

Je mehr zweckgerichtet der Verstand ist,

desto mehr Angst, Frustration und Enttäuschung sind die Folge.

 

Wenn man einmal ein Ziel hat, strebt man in eine festgelegte Richtung.

Aber die gesamte Existenz existiert ohne Richtung.

Das Weltall geht nirgendwo hin und verfolgt keine Absichten und Ziele.

Wenn man eine Absicht hat, ist man gegen das All und wird enttäuscht.

Du kannst nicht gegen das Ganze kämpfen.

Dein Dasein ist so winzig, du kannst nicht gewinnen.

Du kannst es nicht erobern, nicht besiegen.

Es ist ein Ding der Unmöglichkeit, dass ein einzelnes Individuum das All erobert.

Und wenn das All absichtslos ist und ohne letzten Grund, und du hast irgendwelche Absichten,

wirst du letzten Endes besiegt.

 

Eine weiße Wolke zieht dahin, wo immer der Wind hinweht,

sie widerstrebt nicht, sie kämpft nicht.

Eine weiße Wolke ist kein Eroberer, und doch schwebt sie über allem.

Man kann sie nicht erobern, nicht besiegen -

sie hat keinen Verstand, der erobert oder besiegt werden könnte.

Wenn man sich einmal ein Ziel gesetzt hat, eine Absicht, Richtung, Bedeutung,

wenn man so verrückt ist, irgendetwas erreichen zu wollen,

schafft man Konflikte und wird am Ende besiegt.

Das steht fest. Unsere Niederlage liegt in der Natur der gesamten Existenz.

Eine weiße Wolke will nirgendwohin. Sie treibt - treibt so entlang.

Ihr gehören alle Richtungen, alle Dimensionen.

Sie lehnt nichts ab.

Alles ist, existiert, und wird vollkommen akzeptiert.

 

(Osho, Mein Weg: Der Weg der weißen Wolke)

 

 

 

 

 


 

Um einem Missverständnis vorzubeugen:

Das Folgende könnten die Worte eines Meisters sein,

der die Wahrheit kennt, weil er die Wahrheit ist.

Es sind nicht meine Worte.

Ich bin kein Meister.

 

 

Schild und Spiegel

 

Wer zu mir kam, der suchte einen Weg.

Er wollte weg - von hier, von sich,

irgendwoanders hin.

Ich sollte für ihn sein ein Hinweisschild,

Geländer oder eine Krücke.

 

Er fand nur einen Spiegel,

der ihm sagte: "So ist dein Gesicht.

Sieh doch, wie schön es ist!

Bleib einfach, wie du bist,

hier, wo du bist!

 

Was fragst du nach dem Weg!

Du bist am Ziel,

warst es schon immer,

warst nie anderswo.

 

Sei eine weiße Wolke -

ein Tor, das torlos ist,

ein Weg, der weglos ist!"

Publiziert am: Freitag, 09. Dezember 2022 (259 mal gelesen)
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