Sabbatruhe

 

Angefangen hat es mit einer Israelreise. Durch den Besuch im „Heiligen Land“ wurde Hartmut aufmerksam auf die traditionell jüdische Form des Nicht-Handelns, den Sabbat. Er hat schon damals ein Manuskript zu diesem Thema geschrieben. Am besten lesen Sie es sich selbst einmal durch.

Ich lasse Sie zu diesem Zweck etwas allein. Die Zeit, die Sie zum Lesen brauchen, kann ich gut nutzen. Ich wollte sowieso noch etwas mit Gabriel und Michael besprechen.“

 

„Ja, mit den beiden Erzengeln.

Hier, das ist das Manusskript.


„Ich bin schon wieder da. Der Besuch bei den beiden war viel kürzer als ich gedacht hatte.“
 

„Sie sind neugierig, was ich denn mit Gabriel und Michael besprochen habe. Auch als Ich-Bin führe ich das weiter, was Hartmut während seines Lebens angefangen hat, schreibe Gedichte und Geschichten. Und im Moment spuken mir Einfälle zu einem Gedicht im Kopf herum - über Geburt und Tod. Für diese Grenzerfahrungen sind die beiden ja Koryphäen, gewissermaßen „zuständig“. Gabriel ist ja der Erzengel der Inkarnation, der Geburt, Michael der Erzengel der Exkarnation, des Todes. Und ich habe gehofft, dass sie mir vielleicht ein paar treffende Formulierungen vorschlagen könnten. Ich bin auch nicht enttäuscht worden. Der Besuch bei ihnen hat sich gelohnt.

 

Weil ich ja so schnell wieder zurück bin, hatten Sie natürlich gar nicht genug Zeit, Hartmuts Sabbattext zu Ende zu lesen. Aber tun Sie das ruhig, tun Sie es in aller Ruhe. Es lohnt sich, denn in dem Teil, der jetzt kommt, wird erst deutlich, warum der Sabbat für Hartmuts eigenes Experiment mit Handeln und Nicht-Handeln wichtig war. Ich kann warten, bis Sie fertig sind. Ich habe buchstäblich „alle Zeit der Welt“; Zeit ist für mich unwirklich und daher bedeutungslos. Ich lebe in der Ewigkeit."

 

Manusskript, Teil II

 

 


"Ah, Sie sind anscheinend am Ende angekommen. Verstehen Sie jetzt, was Hartmut am Sabbat faszinierte und inspirierte? Fromm drückt es zum Schluss sehr treffend aus: die Möglichkeit, für eine bestimmte Zeit kein Ziel mehr zu verfolgen, nicht mehr für die "Früchte des Handelns zu leben" - Sie erinnern sich, Bhagavad-Gita? - , die  Zeit zu überwinden, nichts anderes mehr zu wollen als zu sein.

Am Sabbat erlebte der gläubige Jude die Nähe und Gegenwart Gottes, die Schechina. Dieses hebräische Substantiv ist abgeleitet vom Verb „schachan“, wohnen, zelten, und weist auf die Begegnung des Volkes Israel mit seinem Gott in der Wüste zurück, wo dieser mitten unter seinem Volk wohnte, in einem Zelt als bewegliches improvisiertes Heiligtum.

„Schechina“  hat die Nebenbedeutungen „Ruhe“, „Glück“, „Heiligkeit“ und „Frieden“, Erfahrungen, in denen die Gegenwart Gottes sich auswirkte und spürbar wurde. Gottes Gegenwart erschafft Frieden, zeigt sich als Frieden - zwischen Mensch und Mensch, Mensch und Natur.

Dieser göttliche Frieden wird gestört oder sogar zerstört durch das Eigen-Wollen, das  eigen-willige Streben des Menschen, das ihn zum Handeln, Eingreifen und Gestalten treibt.

Der Sinn des Sabbat ist also, auf alle zielgerichtete Aktivität zu verzichten; alles los zu lassen, was die Gegenwart Gottes verhindert; keine andere Erfahrung zu wollen als die, die jetzt da ist, jetzt gegeben ist, weil in dieser gegenwärtigen Erfahrung Gott gegenwärtig ist.
 

Publiziert am: Sonntag, 08. März 2020 (1013 mal gelesen)
Copyright © by Rudolfo Kithera

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